Mangelhafte Information über Aufhebung der Radwegebenutzungspflicht PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: TF   
Sonntag, den 01. Juni 2014 um 19:42 Uhr

(TF) Ein Berliner Fahrradfahrer will das Bundesverkehrsministerium über eine Petition dazubringen, die Bevölkerung über die 1998 aufgehobene allgemeine Radwegebenutzungspflicht aufzuklären.Mit der Fahrradnovelle der Straßenverkehrsordnung, die 1998 in Kraft trat wurde die 1976 eingeführte Allgemeine Radwegebenutzungspflicht abgeschafft.Der Kenntnisstand darüber in der Bevölkerung ist gering.

Artikel im Tagesspiegel: http://www.tagesspiegel.de/berlin/radfahrer-und-verkehrsregeln-besser-auf-der-strasse-bleiben-trotz-radweg/9973800.html

Kommentar von Torben Frank, Alltagsradfahrer und verkehrsrechtlicher Sprecher der Ortsgruppe Rendsburg

Eigentlich hatte das Bundesverkehrsministrium unter Matthias Wissmann (CDU) 1997 seine Hausaufgaben gemacht. Es hob die 1976 eingeführte Allgemeine Radwegebenutzungspflicht auf, weil sie zu Verletzten und Toten geführt hatte. Die Öffentlichkeitsarbeit der Nachfolgeregierungen war jedoch schleppend. Erst spät wurde die "Fahrradakademie" in das Leben gerufen, in welcher die kommunalen Verwaltungsmitarbeiter geschult werden. Bis heute wurde die "Fahrradnovelle der Straßenverkehrsordnung" vor Ort nur schleppend umgesetzt.
Die Kommunen stellen sogar willkürlich die Verkehrszeichen noch auf, welche ausnahmsweise eine Radwegebenutzungspflicht anordnen. Dabei ist die Rechtslage klar. Nach § 45 StVO darf eine Radwegebenutzungspflicht nur angeordnet werden, wenn der Radverkehr objektiv auf dem Radweg ausnahmsweise sicherer als auf der Fahrbahn unterwegs ist (BVerwG ). Das setzt aber voraus, daß der Radweg dem Stand der Technik entspricht, also die Mindeststandards nach der Verwaltungsvorschrift (VwV-StVO zu § 2 Abs. 4 S. 2) respektive den Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA 2010) erfüllen muß. Auch die Verkehrsfläche für den Fußverkehr muß ausreichend groß sein. Ein 1,2 m breiter Radweg neben einem 1 m breiten Gehweg entspricht nicht dem Stand der Technik. Die breite Masse der Bevölkerung meint jedoch mangels Aufklärung iommer noch, jeder vorhandene Radweg müsse benutzt werden.
Im Gegensatz zu Berlin, wurden im Rendsburger Umland bisher kaum die "blauen Lollies" entfernt. In den Gemeinden und in den Städten bis 20.000 Einwohner ist der Kreis zuständig. Die Stadt Rendsburg hat eine eigene Straßenverkehrsbehörde, die zumindest angefangen hat, die Radwegebenutzungspflichten zu entfernen. Für baulich erkennbare Radwege besteht ein Benutzungsrecht, aber es wird niemand gezwungen, sich auf ihnen zu gefährden. Benutzungspflichtige Radwege müssen übrigens nur benutzt werden, wenn siestetig im Verlauf, fahrbahnbegleitend, benutzbar und zumutbar sind.
Fährt ein sicherheitsbewußter Radfahrender dem § 2 StVO folgend auf der Fahrbahn, obwohl ein Radweg vorhanden ist, wird er von regelunkundigen Autofahrenden, die sich zu Verkehrserziehern berufen fühlen, angepöbelt, zu eng überholt, geschnitten oder anderweitig genötigt. Wäre die Aufhebung der allgemeinen Radwegebenutzungspflicht, vor allem die Hintergründe  in der breiten Bevölkerung bekannt, könnten viele unnötige Konflikte im Straßenverkehr vermieden werden. Wenn sich dann noch mehr Radfahrende auf die Fahrbahn "trauen", können viele unnötige, "radwegetypische" Unfälle vermieden werden.

 

© ADFC 2010